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Nachhaltigkeit in der Logistik - eine Prozessbetrachtung

Aktualisiert: 28. März

Da wir uns in den anderen Blogs bereits stark mit der Gebäudehülle von Logistikimmobilien, Ressourcenverbräuchen und offenen Ladetoren beschäftigt haben, möchte ich hier einmal innerhalb der Nachhaltigkeitsdimensionen (ökonomisch, ökologisch und sozial) zu den Logistikprozessen und den daran teilnehmenden Menschen Stellung beziehen.



Die Logistik „Inhouse“ zu leisten, ist für viele durch die eigene Steuerung und vor allem durch den Kontakt der Mitarbeitenden mit der Wertschöpfung „Logistik“ wichtig. Man kann das auch anders lösen, ganz klar – doch wie und wann dann das Paket beim eigenen Kunden ankommt, muss dann durch Testkäufe regelmäßig kontrolliert werden. In der Regel wollen die Unternehmer dies deshalb selbst machen bei aller Komplexität von Lagerung/Kommissionierung/Versand und daraus folgenden Prozessen. Die folgenden Erwähnungen sind Fallbeispiele der Erfahrung der vergangenen Jahre und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit:


Inhalt

  1. Nachhaltigkeitsansätze im sozialen Bereich der Logistik

  2. Die gute Durchmischung als Garant für mehr Resilienz im Team

  3. Prozessbetrachtungen in der Logistik für mehr Nachhaltigkeit

  • Der Wareneingang

  • Die Kommisionierung

  • Der Warenausgang/Verpackung

  • Der Versand

  1. Die Datenqualität 


Soziale Nachhaltigkeit: Leider ist es üblich, durch die Möglichkeit, neue Mitarbeitende schnell anzulernen, nicht nur Spitzen des Absatzes mit Leiharbeiter*innen abzudecken, sondern diese dauerhaft im Leiharbeitsverhältnis zu beschäftigen. Fragen Sie jedoch gern einmal nach, wieviel tatsächlich diese/r Leiharbeiter*in brutto oder netto für eine 40h Woche erhält und Sie können sich vorstellen, wie wenig nachhaltig dieses Verhalten ist. (Wir fragten nach: Die Leiharbeitskosten liegen im Vergleich zur Festanstellung leicht höher. Das Unternehmen kann deshalb sehr flexibel sein und zahlt nur für den Einsatz, nicht für Urlaub, Krankheit etc.. Doch was kommt beim Arbeitenden an? Belegt mit Zahlen zum Basisjahr 2020 noch ohne die Mindestlohnerhöhungen der Folgejahre, musste der Befragte, ein Single, mit 1.200,- Euro netto nach Hause gehen bei einer

Vollzeitanstellung. Ca. 1/3 des vom Auftragsgebers gezahlten Leistungslohnes geht an die Verleihfirma, die anderen zwei Drittel sind ca. der Bruttolohn des Arbeitenden. Das ist moderne Ausbeutung, damit können die Menschen nicht leben und gehören zu den „Aufstockern“.)


Solche Verhältnisse sind prekär und es wundert nicht, dass mit der corona-Pandemie diese Stellen nicht wieder besetzt werden konnten. Wer einmal aus diesem System ausgestiegen ist, und bemerkte, wie schlecht es ihm ging, der bleibt tunlichst draußen. Und das ist eine Begründung für die Abwesenheit von vielen Arbeitnehmer*innen an solchen scheinbar leicht zugänglichen Stellen, die professionalisierte Ausbeutung von Arbeitnehmer*innen, die nun dort fehlen – hausgemacht. Tappen Sie nicht in so eine Falle und bemühen sich bitte, mit guten Maßnahmen langfristige Arbeitnehmer*innenmodelle zu generieren, die eine Bindung zum Unternehmen herstellen und halten.    


Aber wie kann das Unternehmen dann flexibel agieren?

Das ist eigentlich eine einfache Antwort: Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen. Wer Kinder hat, weiß, das kommt nicht von ungefähr. Große und komplexe Aufgaben werden über lange Zeit am besten von einem eingespielten und großen Team erledigt, das auch Ausfälle gut kompensieren kann. Und natürlich sind viele Schultern besser geeignet, anfallende Spitzen zu verarbeiten. Es lohnt sich, das Team der Logistik gut zu durchmischen, sowohl das Geschlecht als auch das Alter. So können Patenschaften angestrebt werden zwischen den Azubis, die hoffentlich voller Tatendrang sind und Rentner*innen im Minijob, die mit ihrer Lebenserfahrung den jungen Leuten Ruhe geben.


Solche Patenschaften und Teamgründungen erscheinen zunächst wuselig, da aber nun viele Schultern vorhanden sind, werden auch die in der Logistik häufig anfallenden Rüstzeiten besser erledigt. Es wird gerade hierbei oft vom System „Zäune bauen oder Hühner einfangen“ gesprochen, mit einer soliden Leitstandsplanung für die breite Auslastung des Teams lässt sich Ruhe in den fortwährenden Ausnahmezustand von wackeligen Lieferketten bringen (Ware fehlt, Ware ist verfügbar, Rückstände müssen aufgelöst werden usw.).  

 

Prozesse – der Wareneingang: Im Wareneingang werden ungeprüfte, gerade angenommene Waren und geprüfte, kurz vor der Einlagerung stehende Waren gelagert. Sie werden tlw. ausgepackt aus ihren Transportverpackungen – und ja, hier lohnt es sich, einen regelmäßigen wöchentlichen Austausch von kaufmännischen Facheinkäufern mit dem Wareneingang zu organisieren. Die nicht gesehenen Probleme bei der Wareneinlagerung (z. B. Kartoninhalte sind nicht beschriftet) sollten schnell an den Einkauf und damit an den Lieferpartner übertragen werden, um abgestellt werden zu können. Auch zeigt sich hier die Qualität der eingekauften Waren, wenn diese vom Muster abweichend sind. Mit visuellen Methoden wie Fotos bei der Einlagerung in ein System, können Verwechslungen von tlw. nicht einfachen Typenunterschieden zumindest eingeschränkt werden.


Das reine Einbuchen der Waren nur nach den Dokumenten birgt die Gefahr, dass auf dem Kommissionierplatz das falsche Produkt steht. Insofern lohnt es sich, hier am Beginn der Logistikprozesses in den eigenen Wänden besondere Sorgfalt und Ausbildung in Warenkenntnissen der Beteiligten walten zu lassen. Auch die Verwertung der Transportverpackungen für eigene Zwecke kann von hier aus gut initiiert werden. So gibt es inzwischen Maschinen, welche genutzte Kartonagen so verwerten, so dass diese als Verpackungsmaterial verwendet werden können (Kartonschreddermaschinen).


Zugunsten von weniger Kunststoff sowie Neumaterial als Füllstoff, jedoch unter Anfall von Staub. Das kann aber bewertet und geregelt werden. Schon hier lohnt die Überlegung, welche herausfordernden Prozesse beim Kunden durch Materialmischungen entstehen. Es ärgert z. B. viele Verbraucher*innen, dass Tüten heute häufig mit einem Kunststoffsichtstreifen ausgestattet sind, der die Papiertüte zu einem

Kunststoffrecyclingartikel werden lässt – oder auch den Verbraucher dazu verdammt, die Tüte auseinander zu bauen, um die eigenen Entsorgungstonnen nicht zu verschmutzen.

 

Prozesse – die Kommissionierung: Die Zusammenstellung der Waren ist ein komplexes Unterfangen. Die Anordnung der Bestseller im Lager soll sich idealerweise permanent ändern, weshalb moderne Lagersysteme per IT-Unterstützung chaotisch angeordnet

werden, um die ständige Umsortierung nah den Absatzquoten räumlich unterzuordnen

und dann noch hoffentlich kreuzende Weg zu verhindern. Vieles geschieht heute schon

automatisiert und man darf gespannt sein, was uns die Zukunft an Robotertechnik in der Logistik bringt, welche schwere Lasten oder weite Wege kollaborativ den Kommissionierer*innen abnehmen soll. Schnell gehen soll es, viele Picks pro Laufgang, um die einzelne Pickzeit pro Lieferschein permanent abzusenken. Sollten hier Schnellläufer oder Gabelstabler als Lagertechnik genutzt werden, lohnt sich wieder das Lastmonitoring des einzelnen Ladevorgangs pro Steckdose, um Lastspitzen auszuschalten.  


Prozesse – der Warenausgang/Verpackung: Steht die Ware pro Lieferschein zum Versand, wird häufig durch die Software schon ein Versandvorschlag für die richtige Kartongröße- und anzahl erstellt. Je automatisierte der Vorgang abläuft in Abhängigkeit der Homogenität der Ware, je ressourcenschonender können die Verpackungsvorgänge gestaltet werden. Der neueste Hit sind Verpackungsmaschinen, welche die Kartonage auf die Größe falten, die der Inhalt benötigt, es also keine Lufträume mehr gibt, die

mit Schrenzpapier oder anderen Füllstoffen ausgefüllt sein müssen. Je manueller

der Verpackungsvorgang, desto mehr muss die Weiterbildung der Packer hochgehalten

werden, welche für ihren Arbeitsplatz auch eine Verpackungsempfehlung erstellen

sollten. Diese darf gern Eingang in das Qualitätsmanagementhandbuch finden, um Allgemeingültigkeit im Betrieb zu erlangen. Es sollte dem Kunden*in nur so viel Verpackungsmaterial für seine Ware zugemutet werden, wie sie benötigt, um ordnungsgemäß anzukommen.


Auch die gute Frage nach den Begleitpapieren im Karton oder draußen mit dem Klassiker, der roten Lieferscheintasche in Folie, kann anders beantwortet werden, je nach Kundenanforderung. Es war schon eine besondere Kundenzentrierung als amazon die stets beigelegten Lieferschiene entfallen ließ, weil es bei seinen Privatkunden*innen eben nicht darauf ankommt.


Inzwischen gibt es auch einige StartUps, welche sich mit nachwachsenden

Füllmaterialien beschäftigen, um nachhaltige Austauschstoffe zu generieren. Diese

erwähnen wir hier absichtlich wie z. B. für den Styroporersatz: https://proservation.eu.


Beim Thema Transportverpackung lohnt sich wieder ein Blick auf die Kundenprozesse und das Bestellverhalten. Werden wirklich regelmäßig die gleichen Waren in ähnlicher Menge bestellt? Kann ich hier Entlastung schaffen mit „prädictiv order“, als aboähnlichen Bestellroutinen, die vom Kunden leicht verändert werden können und allen mehr Planungssicherheit verschaffen? Kann ich deshalb womöglich Mehrwegsysteme nutzen statt Kartonagen (siehe auch www.gstmultibox.de)?


Die großen nachhaltigen R-Regeln sollten in allen Logistikprozessen betrachtet werden: Refuse (keine Verpackung), Reduce (weniger Verpackung), Reuse (anders nutzen der Verpackung z. B. als Füllmaterial), Recycling (das Material sortenrein anbieten).

 

Prozesse – der Versand: Es wird herausfordernd, die Zukunft der Logistik in Europa. Während es Jahre gab, in denen der Lagerraum auf die Straße verlegt wurde, wird nun durch brüchige Lieferketten und Grenzen der Globalisierung klar, dass Zuverlässigkeit ein hohes Gut ist. Mit steigendem CO2-Preis für die Verbrennung fossiler Betriebsstoffe, werden endlich auch die externalisierten Kosten eingepreist, welche bisher unbeachtet die Überflussgesellschaft angeheizt haben. Diese Transformation kann das Wohlstandsgefühl, alles immer im Überfluss konsumieren zu können, verändern. Das muss aber nicht zum Nachteil der Menschen in einem Land sein. Es sollten andere Werte an diese Stelle treten, welche in Zukunft eher qualitativer Natur sind, eine andere Art von Wachstum der Menschheit in einer ressourcenbegrenzten Welt.


Ein Trend wird sicher die Digitalisierung in der Logistik sein, die digitale Vernetzung der Zulieferer, Hersteller, Transportunternehmen, Großhändler, Fachhändler, Kunden und Entsorger. So können weit vorausschauende Planungen erfolgen, um z. B. Leerfahrten zu verhindern.

 

Prozesse – KPIs (Key Performance Indicator) und Kommunikation: Die Qualität der Daten, die Bereitstellung und Aufbereitung derselben für eine gute Entscheidung in Echtzeit – das ist die neue Währung der Zukunft in einem Dashbord – zugunsten perspektivischer Annahmen mit Eintrittswahrscheinlichkeiten. Natürlich gibt es noch die Klassiker wie Lagerumschlagshäufigkeit, durchschnittliche Pickzahl pro Kommissionierer (anonymisiert), durchschnittlicher Paketausstoß pro Packer (anonymisiert), Zeit von der Bestellung bis zum Eintreffen des Paktes beim Besteller*in – jedoch sind dieses historische Daten, mit deren Beschäftigung nicht so viele Herausforderungen gelöst werden können wie mit den perspektivischen Annahmen. Wann sind Peaks zu erwarten, welche saisonalen Erfahrungen gibt es, welche Informationen liefert das Liefernetzwerk oder die Logistikdienstleister für die kommenden Tage? Der Umgang mit perspektivischen Daten ist nicht neu, aber womöglich für viele ungewohnt, welche bislang historische Daten für ihre Schlussfolgerungen herangezogen haben.  

 

Und natürlich darf ich bei den Abwägungen der Nachhaltigkeit in der Logistik nachweisliche Vorteile zu Kunden*innen und Interessenten*innen kommunizieren. Sollte sich das Mehrwegsystem anbieten, entsteht an dieser Stelle eine besondere Kundenbindung, die andere Versender nicht haben und man ist weniger austauschbar – ein Ziel nachhaltigen Wirtschaftens.

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